Bergwacht – Leben retten in den Bergen
Im Raum der Bergrettungswache in Bad Tölz wird es mucksmäuschenstill. Eine Gruppe von Jugendlichen schaut gespannt auf den roten Rucksack, aus dem der Vortragsleiter ein Seil herausholt. Bei der Jugendgruppe der Bergwacht Bad Tölz stehen heute unterschiedliche Knotentechniken auf dem Programm – eine der wichtigsten Grundkompetenzen, um in den Bergen abgestürzte Kletterer zu bergen.
Franziska Stahl ist eine von acht Jugendlichen, die sich heute Abend an den Knoten versuchen. Sie ist 15 Jahre alt und seit eineinhalb Jahren bei der Jugendgruppe der Bergwacht Bad Tölz. In wöchentlichen Treffen wird sie zusammen mit anderen 14- bis 16-Jährigen in Sachen Seil- und Sicherungstechnik, Erste Hilfe, Gefahren im alpinen Bereich und Naturschutz geschult. Ihre erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten – zum Beispiel den Umgang mit Gebirgstragen oder die Kenntnisse über heimische Vogel- und Baumarten – können die Jugendlichen in Wettkämpfen mit anderen Jugendgruppen unter Beweis stellen. 2016 hat die Jugendgruppe Bad Tölz den ersten Platz geholt.
Zusätzlich zu dem nützlichen Wissen erleben die Jugendlichen bei ihren Treffen Gemeinschaftsgefühl und Teamgeist. „Für mich ist es wichtig, dass andere Menschen an uns sehen, dass man sich für fremde Leute einsetzen und ihnen helfen kann, auch ohne Geld dafür zu verlangen", so Franziska.
Darin stimmt ihr Alica Schmitz, 17, zu. Sie hat inzwischen von der Jugendgruppe zu den aktiven Anwärtern der Bergwacht gewechselt. Hier durchläuft sie neben der Schule eine Ausbildung zur Bergretterin. Der Wunsch, sich ehrenamtlich zu engagieren, kam bei Alica Schmitz schon sehr früh auf: „Wenn ich manchmal mitbekommen habe, wie Kinder mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert wurden, hat mich das sehr bewegt. Manche von ihnen wurden nur durch Ehrenamtliche gerettet und verdankten ihnen ihr Leben. Später habe ich mir daran ein Beispiel genommen und beschlossen, mich auch ehrenamtlich zu engagieren."
Während Jugendliche in ihrem Alter abends vor dem Fernseher sitzen, trifft sich die 17-Jährige Alica mit den anderen Bergretter-Anwärtern. Neben Klettertechniken, Wetterkunde, Funkausbildung und Lawinenkunde lernen sie, Natur und Umwelt richtig zu schützen. Auch die Notfallmedizin steht auf dem Programm. „Ich mag vor allem den Zusammenhalt unter den Jugendlichen", betont Alica, „aus Mitanwärtern sind mittlerweile Freunde geworden. Auch abseits der Ausbildung machen wir viel gemeinsam."
Während ihrer dreijährigen Anwärterzeit müssen die Jugendlichen eine ganze Reihe von Ausbildungsabschnitten durchlaufen, die jeweils mit einem Test bestanden werden müssen. Erst wenn Alica alle Prüfungen erfolgreich bestanden hat, darf sie sich also eine richtige Bergretterin nennen. Bis dahin dürfen die Anwärter echte Rettungseinsätze zwar begleiten und am Rande bei der Versorgung helfen, aber aktiv eingreifen dürfen bei der Erstversorgung nur fertig ausgebildete Einsatzkräfte.
Im hochmodernen Bergwachtzentrum für Sicherheit und Ausbildung der Bergwacht Bayern trainieren die Jugendlichen den Ernstfall: Mit originalgetreuen Hubschrauberzellen, Sesselliften und Seilschwebebahnen können zahlreiche Einsatzarten anhand von lebensechten Simulationen erprobt werden.
Welche Bedeutung das Ehrenamt hat, fasst Alica mit einem Lächeln zusammen: „Ohne das Ehrenamt würde es in Deutschland und in Bayern nicht so laufen wie bisher. Mit rund 4.200 Ehrenämtlern sind wir für die Menschen in den Bergen da. Ohne uns würden Rettungskräfte sehr viel später bei den Verunglückten eintreffen oder im schlimmsten Fall gar nicht, weil sie die Ausrüstung und Qualifikation dazu nicht haben."
Die Streichelbande – Auf Samtpfoten unterwegs im Seniorenheim
Die Augen der Senioren fangen an zu leuchten, wenn Sally in den Gemeinschaftsraum des Seniorenheims kommt. Von Angst oder Zurückhaltung keine Spur – weder aufseiten der Bewohner noch aufseiten des Dackelmischlings. Schwanzwedelnd erkundet Sally den Raum und hat schnell ein Plätzchen gefunden, an dem es sich eine Weile aushalten lässt. Die Hände einer alten Frau ertasten Sallys Kopf und streicheln das flauschige Fell. Nicht nur für Hundedame Sally eine Wohltat.
Die Begegnungen mit den Vierbeinern sind für die Bewohner des Seniorenheims Münchenstift an der Rümannstraße eine willkommene Abwechslung. Innerhalb von Sekunden blühen die Heimbewohner auf. Möglich macht das die Streichelbande – Hundebesitzer, die ehrenamtlich in München und im Umland unterwegs sind und mit ihren Vierbeinern Menschen glücklich machen.
Angefangen hat alles vor mehr als zwölf Jahren. Damals war die Streichelbande eine Gruppe von Hundebesitzern, die zunächst nur Altenheime besuchte. Die Tiere eroberten die Herzen der Bewohner im Sturm. Im Jahr 2005 wurde schließlich der gemeinnützige Verein Die Streichelbande e.V. gegründet. Mittlerweile zählt der Verein über 200 Mitglieder, die mehr als 300 Besuche im Monat machen. Zu den Seniorenheimen sind inzwischen zahlreiche Behinderten- und Kindereinrichtungen dazugekommen. Bei ihren Besuchen in Schulen und Kindergärten bringen die Vereinsmitglieder den Kindern den richtigen Umgang mit Hunden bei und helfen, Berührungsängste abzubauen.
Die Tierärztin Sita Meinzer, 32, ist seit elf Jahren dabei. Bei einem Tierarztbesuch mit ihrer Labradorhündin Luna entdeckte sie einen Aushang der Streichelbande und war sofort Feuer und Flamme: „Ich hatte schon immer den Wunsch, einen Hund zu haben. In der Streichelbande sah ich die Möglichkeit, mit meiner Hündin auch anderen Menschen Freude zu bereiten. Das war für mich die perfekte Kombination", erzählt Meinzer. Nach einem Anruf bei der Vereinsvorsitzenden wurde die damalige Studentin zum Eignungstest eingeladen. Sita und ihre Labradorhündin Luna bestanden die Prüfung auf Anhieb und durften zu den ersten Einsätzen in einer Behinderteneinrichtung antreten.
Nach vielen Jahren Erfahrung ist Sita heute Zweite Vorstandsvorsitzende des Vereins und mit ihrer Zusatzausbildung als Verhaltenstherapeutin eine von insgesamt zwei Prüferinnen, die den Eignungstest für neue Mitglieder durchführen. „Nicht jeder Hundebesitzer und Vierbeiner eignet sich für die Streichelbande", betont Sita Meinzer. „Grundsätzlich darf jeder ab 18 Jahren bei uns mitmachen. Es gibt auch kein Ausschlusskriterium bezüglich der Hundegröße oder -rasse. Ausschlaggebend ist jedoch der Charakter des Hundes."
Im Seniorenheim sind die Tiere richtig gefordert. „Für die rüstigen Senioren denken wir uns zum Beispiel verschiedene Ballspiele aus", so Sita Meinzer. „Danach geht es zu denjenigen, die nicht aus eigener Kraft in den Gemeinschaftsraum kommen können." Die Vereinsmitglieder erleben auch ganz außergewöhnliche Momente: „In einem Altenheim gab es einen älteren Herrn, der unter fortgeschrittener Demenz litt. Er war völlig introvertiert und hat auf keinen Menschen reagiert. Aber als wir mit unserer Hündin zu Besuch waren, ist wieder etwas Leben in ihn zurückgekehrt. Das war toll zu beobachten", erzählt Sita Meinzer.
Neben den regelmäßigen Besuchen hat sie noch ein ganz besonderes Herzensprojekt: Seit einigen Jahren besucht sie ein schwer behindertes Kind, das künstlich ernährt wird und weder gehen noch sprechen kann. Labradorhündin Luna hatte von Anfang an ein feines Gespür für die schwierige Situation und hat sich vorsichtig Schritt für Schritt an das Mädchen herangetastet. Es dauerte nicht lange, bis eine ganz enge Bindung zwischen dem Mädchen und der Hündin entstand.
Für Sita Meinzer bleibt ihr Ehrenamt eine wichtige Lebensaufgabe: „Im Leben verbringt man sehr viel Zeit damit, etwas zu tun, wofür man Geld bekommt. Mit meinem Ehrenamt bei der Streichelbande kann ich der Gesellschaft etwas zurückgeben und Menschen glücklich machen, ohne Geld dafür zu verlangen. Einfach weil es Spaß macht, mit meinen Hunden etwas Gutes zu tun."
Rotaract Deutschland – Mit Kunststoffdeckeln gegen Kinderlähmung
Constanze Maria Abendroth war 24 Jahre alt, als sie Rotaract für sich entdeckte. Rotaract ist ein politisch und religiös unabhängiger Wohltätigkeitsverein aus jungen Erwachsenen, die sich ehrenamtlich für das Wohl der Gesellschaft einsetzen. Deutschlandweit gibt es rund 200 Rotaract Clubs mit mehr als 4.000 Mitgliedern. In Bayern sind es rund 45. Rotaract setzt sich aus den Worten „Rotary" und „Action" zusammen und steht für „Jugend in Aktion".
Die Bandbreite des sozialen Engagements ist vielfältig: Vom Vorlesen für Blinde über Kinobesuche mit Waisenkindern bis hin zur Beteiligung an bundesweiten Tafeln und der Katastrophenhilfe vor Ort. „Jeder Mensch kann einmal Hilfe gebrauchen und fast jeder Mensch kann Hilfestellung leisten. Somit sind beide Seiten glücklich und kommen einander näher", beschreibt Abendroth ihr Engagement.
Bei Rotaract kann jeder mitmachen, der zwischen 18 und 30 Jahren alt ist – unabhängig davon, ob man noch Schüler ist, sich in einer Ausbildung befindet, studiert oder bereits arbeitet. Aus ihrer Zeit bei Rotaract ist Constanze Maria Abendroth das KidsCamp besonders in Erinnerung geblieben: Das Feriencamp richtet sich an Kinder aus sozial schwachen Familien. Dort können sie ihre Alltagsschwierigkeiten etwas vergessen und gemeinsam mit anderen eine schöne und abwechslungsreiche Zeit verbringen. Betreut werden die Kinder von den Rotaractern, die das Programm des Zeltlagers auf die Beine stellen. „Bei den gemeinsamen Grillabenden und Lagerfeuern entsteht ganz viel Teamgeist, das vermittelt den Kindern Selbstwertgefühl und macht sie stark", so Abendroth.
Mit 30 wechselte Constanze Maria Abendroth zu Rotary und engagiert sich seither weiterhin mit viel Herzblut für soziale Projekte. Ihr Lieblingsprojekt heißt Deckel drauf. „Wir sammeln Kunststoffdeckel von Ein- und Mehrwegflaschen und verkaufen diese dann an Verwerter. Der Erlös kommt End Polio Now zugute, mit dem Ziel, die Krankheit Kinderlähmung weltweit auszurotten", beschreibt sie die Sozialaktion, die sie vor drei Jahren selbst mit ins Leben gerufen hat. Unterstützt wird die Aktion von Einzelpersonen, die Deckel sammeln, von Unternehmen, die Sammel- und Lagerstellen zur Verfügung stellen, von Verwertern, die das Projekt bei der Logistik unterstützen oder die Deckel kaufen, und von vielen anderen einzelnen Akteuren wie Schulen, Kindergärten, Vereinen und sozialen Einrichtungen. „Inzwischen konnten wir rund 200 Tonnen an Deckeln sammeln und damit rund 400.000 Impfungen gegen Polio finanzieren", freut sich Abendroth.
Das Projekt ist für Constanze Maria Abendroth ein anschauliches Beispiel dafür, mit wie wenig Mitteln auf der einen Seite und einer ordentlichen Portion Verantwortungsbewusstsein auf der anderen Seite mit Kleinem Großes erreicht werden kann: „Wenn jeder Einzelne sich ein klein wenig mit einbringt, kann er seinen Beitrag zur Gesellschaft leisten. Ehrenamt ist wichtig, damit die Ämter ausgefüllt werden können, die der Staat nicht ausfüllen kann. Egal, ob es der Trainer im Fußball- oder Basketballverein ist, die Mitglieder politischer Parteien, ein Vorstandsmitglied im Förderverein einer Schule oder auch die Initiatoren eines sozialen Projekts. Jeder trägt dazu bei, sein Leben und das Leben anderer zu gestalten. Das Ehrenamt gestaltet unsere Gesellschaft zu einem Miteinander!"