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iSo - Innovative Sozialarbeit aus Bamberg
Uns verbindet mehr als uns trennt
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Wenn Kinder und Jugendliche Hilfe brauchen, gibt es heute ein breites Netz an Unterstützungsangeboten – in der Familie, an den Schulen und in speziellen  Einrichtungen der Sozialarbeit. Wie stellt sich die Sozialarbeit für die Zukunft auf – gerade vor dem Hintergrund eines steigenden Bedarfs an Unterstützung? Es fehle meist nicht an Geld oder Angeboten, meint Matthias Gensner, Geschäftsführer von iSo – Innovative Sozialarbeit aus Bamberg. Sein Credo: Die Sozialarbeit der Zukunft muss effektiver werden und die unterschiedlichen Player vernetzter.

1998 hat Matthias Gensner gemeinsam mit Kommilitonen ein soziales Start-Up initiiert. Inzwischen beschäftigt der Verein iSo e.V. 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Vorreiter für innovative Sozialarbeit will der soziale Träger sein und legt bei seinen Angeboten Wert auf niedrigschwellige Angebote und eine moderne und jugendgerechte Ansprache. In einem eigenen Innovation Lab entstehen Ideen für eine  zukunftsorientierte Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Basis für die Weiterentwicklung ist immer der Dialog mit den jeweiligen Zielgruppen.



„Der Bedarf an Unterstützung für Kinder und Jugendliche wächst – aufgrund der Pandemie, aber auch durch aktuelle Krisen wie Krieg oder Inflation“, so Matthias Gensner. „Es gibt viele Angebote, aber nicht alles, was gemacht wird, kommt richtig an und ist sinnvoll durchdacht.“ Es gebe Kinder und Jugendliche, die im Laufe ihrer Betreuung mit acht verschiedenen Sozialarbeitern zu tun haben. „Das macht deutlich, dass es nicht an Ressourcen mangelt, sondern mehr Effizienz und Systematisierung  nötig sind.“ Eine mögliche Lösung: zuständige Ämter und Träger besser miteinander verzahnen, schauen, wo es Synergieeffekte gibt und klar benennen, wer die  Verantwortung hat, meint Gensner. Denn die Jugendlichen hätten eine Lebenswelt, da komme man mit Sparten- und Expertendenken nicht weit. 



Mit seinem Team schaut Gensner auf aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen und wie man sie auch interdisziplinär lösen kann. Nicht nur eine rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit ist nach Gensners Ansicht dabei sinnvoll. Es geht ihm ganz  grundsätzlich darum, verschiedene Player in den Kommunen und darüber hinaus zusammenzubringen. 

Ein Beispiel ist „BasKIDball“, ein Programm, bei dem iSo als sozialer Träger gemeinsam mit Schulen, Sportvereinen, Kommunen und Unternehmen aktiv ist. „Wir gehen in Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf, sperren die Turnhalle auf und bieten den Kindern und Jugendlichen eine niedrigschwellige Sportmöglichkeit – eben gerade auch den Kindern, die den Weg zu einem Sportverein nicht finden“, so Gensner. Neben Sportlern sei immer auch eine Pädagogin oder ein Pädagoge vor Ort. „Das ergänzt sich ideal, weil die Kids dann auch gleich einen Ansprechpartner haben, wenn’s zuhause kracht oder es Probleme in der Schule gibt.“

BasKIDball ist ein Riesenerfolg. Das Projekt läuft inzwischen an 21 Standorten mit über 40 Spielstätten bundesweit, es gibt jährliche Standorttreffen und Camps. Höhepunkt war ein Trip mit 30 Kindern nach Dallas zum Schirmherrn des Projekts, Basketball-Legende Dirk Nowitzki. Gensner: „Wenn ich heute Jugendliche von damals treffe, schwärmen sie immer noch von diesem unvergesslichen Erlebnis. Solche Erfahrungen lassen Kinder wachsen und prägen ihr ganzes Leben.“ 

Leute aus ihren „Bubbles“, dem eigenen gesellschaftlichen Umfeld, herauszuholen und mit anderen zusammenzubringen, ist dabei nicht nur für die Jugendlichen eine Bereicherung. „Wenn unser Rotary Club gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen aus einem sozialen Brennpunkt ein gemeinsames Essen kocht, dann zusammen gegessen und geredet wird, ist das für beide Seiten augenöffnend“, so Gensner über ein weiteres Projekt seines Vereins.



Vernetztes, interdisziplinäres Denken macht auch beim Thema Schule der Zukunft Sinn. Wenn Kinder künftig mehr Zeit in der Schule verbringen, ist Schule nicht mehr nur Lernort, sondern Lebensraum. „Fehlen an Schulen Begegnungsräume, die Kindern den Anreiz vermitteln, zusammenzukommen, nützen auch die besten Pädagogen nichts“, ist sich Gensner sicher. In Bamberg arbeitet der soziale Träger deshalb eng mit der Bamberger Stadtbau zusammen. 

Matthias Gensners Begeisterung für soziale Themen wurde schon in jungen Jahren  geweckt: kirchliche Jugendarbeit, Ausbildung zum Industriekaufmann, Zivildienst – und dann der Wunsch, soziale Arbeit zum Beruf zu machen.

Wie hat sich seit den Anfangsjahren bei iSo die Jugendarbeit verändert? „Ein Grundsatz  gilt nach wie vor: Wir müssen Kindern und Jugendlichen in erster Linie ein Beziehungsangebot machen“, so Gensner. „Und dafür brauchen wir Pädagoginnen und  Pädagogen, die in der Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen sind, also an den Schulen, in der Nachmittagsbetreuung, in der Familie.“ 

Mit der Verbreitung und Nutzung der sozialen Medien wachsen heute jedoch die Herausforderungen. „Als Pädagoginnen und Pädagogen müssen wir offen dafür sein, die sozialen Medien kreativ zu nutzen – für die Ansprache unserer Zielgruppe, aber auch, um sich gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen kritisch mit Themen wie beispielsweise Cybermobbing auseinanderzusetzen. Nicht für die Jugendlichen, sondern mit den Jugendlichen an gesellschaftlichen Herausforderungen zu arbeiten, das ist mein Ansatz“, betont Gensner. 

Hilfe zur Selbsthilfe hat für Gensner auch ganz viel mit Effizienz und Erfolg von Jugendarbeit und -hilfe zu tun. „Man muss die Leute ernst nehmen und trotzdem darauf  achten, dass sie selbst ins Tun kommen, vorhandene Ressourcen und Stärken sichtbar machen“, so Gensner. Das gilt für die Kinder und Jugendlichen ebenso wie für die  Eltern. Auch deshalb verfolgt iSo den Ansatz, die Familien in ihre Arbeit einzubeziehen. „In unseren Wohngruppen leben nur Kinder und Jugendliche aus der Region. Die Tatsache, dass die Eltern in der Nähe sind, hilft uns, mit ihnen intensiv zu arbeiten. Auch mit dem Ziel, dass sie selbst wieder die Verantwortung für ihre Kinder übernehmen. Das geht nicht immer, aber in vielen Fällen ist es gut für die Kinder, im gleichen Sozialraum zu bleiben.“ Diese Arbeit im und mit dem gesamten Familiensystem sei für die Pädagoginnen und Pädagogen von iSo zwar arbeitsintensiver, gleichwohl verringerten sich dadurch die Fälle, in denen Hilfe abgebrochen wird, weil die Kinder zurück zu ihren Eltern wollen, so Gensner.

Was ist ihm mit Blick auf die kommenden Jahre wichtig? Zum einen, dass die Mittel für Jugendhilfe effizient und bedarfsorientiert eingesetzt werden und dabei auch regionale Besonderheiten stärker als bislang in den Fokus rücken. Darüber hinaus wünscht sich Gensner weniger Bürokratie und mehr Freiheiten und Flexibilität für die Arbeit vor Ort. „Wir brauchen nicht zwingend mehr Geld. Was wir brauchen, ist Vertrauen in die Verantwortlichen vor Ort, dass sie die Gelder gut einsetzen. Diejenigen, die tagtäglich mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, das sind in der Regel auch die, die gute Ideen  und Lösungen haben für aktuelle und künftige Herausforderungen.“ 

Wie innovativ und kreativ sie sein können, erlebt Matthias Gensner tagtäglich bei seinen über 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Und es gelingt ihm, in seinem Unternehmen den Spirit für Innovation auch zu leben. Auf die Frage, was ihn antreibt, sagt er: „Meine Arbeit macht Freude und stiftet Sinn, wir bekommen ganz viel zurück und das  Wichtigste: Gemeinsam können wir wirklich etwas verändern. Denn bei allen gesellschaftlichen Herausforderungen – uns verbindet mehr, als uns trennt.“



Mehr erfahren Sie unter http://www.iso-ev.de

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Das Projekt BasKIDball sorgt mit einem Mix aus pädagogischen Fachkräften und Vereinssportlerinnen und -sportlern dafür, dass Kinder und Jugendliche gleichzeitig gefördert und gefordert werden. Dirk Nowitzki ist begeisterter Schirmherr des Projekts.
@iSo
Bildquelle Header: Christof Wolf