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Nachhaltige Ernährungssicherheit in Bayern
Die Landwirtschaft der Zukunft
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Die Weltbevölkerung ist allein seit 1980 von rund 4,5 Milliarden auf heute knapp acht Milliarden Menschen angewachsen. Bis 2050 erwarten die Vereinten Nationen gar einen Anstieg auf rund 10 Milliarden Menschen. Gleichzeitig fordert uns der Klimawandel mit Konsequenzen wie Überschwemmungen und Dürre. 

Wie können wir uns vor diesem Hintergrund behaupten und eine nachhaltige Ernährungssicherheit in Bayern und Deutschland garantieren und gleichzeitig auch einen Beitrag für die Versorgung aller Menschen weltweit leisten? Agrarwissenschaftler sind durchaus optimistisch bei der Frage, ob es gelingen wird, die wachsende Weltbevölkerung mit ausreichend Nahrungsmitteln zu versorgen. Doch klar ist auch, dass dies nur gelingen kann, wenn wir entsprechende Anpassungsstrategien verfolgen und insbesondere technologische Innovationen nutzen. Denn Land und Wasser werden zunehmend knapp, mit klassischen Anbaumethoden wird die Welt in jeder Hinsicht an ihre Grenzen stoßen. 

Die bayerische Landwirtschaft ist innovativ und anpassungsfähig. In zahlreichen Projekten leistet sie bereits heute Pionierarbeit, wenn es um „Hightech vom Hof“ geht. Dabei geht es nicht nur um die Versorgungssicherheit. Wie gelingt es, die Bedürfnisse der Verbraucherinnen und Verbraucher zu befriedigen? CO2-Fußabdruck, Geschmack, Kosten, Regionalität, Tierwohl und vieles mehr gilt es zu berücksichtigen. Noch nie waren Kaufentscheidungen so komplex und Kundenwünsche so unterschiedlich. Die Konsequenz: Überall in Bayern wird an innovativen Zukunftskonzepten getüftelt, die auf all diese Fragen Antworten geben sollen.

Indoorfarming und vertikale Landwirtschaft als ressourcenoptimierte Anbaumethoden

Vom Experimentierstadium zur Lösung für die breite Masse: Bayerische Pioniere wagen den Sprung von der konventionellen Landwirtschaft hin zu Indoor-Farming und vertikaler Landwirtschaft. In meist hochautomatisierten Gewächshäusern bauen Landwirtschaftsbetriebe wie Haubner Gemüseanbau aus dem bayerischen Knoblauchsland im Städtedreieck Nürnberg-Fürth- Erlangen Salat, Gurken oder Tomaten an. Mehr als 20.000 Salatköpfe sind in Haubners hochtechnisiertem Salat-Gewächshaus in Nürnberg täglich erntereif. Das Indoor-Farming und auch immer mehr die mehrgeschossige „vertikale Landwirtschaft“ bieten aus Sicht von Gemüsebauer Jochen Haubner einige Vorteile: „Der Anbau von Gemüse in modernen Gewächshäusern spart Wasser und Nährstoffe und minimiert gegenüber dem Freilandanbau die Risiken durch Wettereinflüsse, Schädlinge und  Klimaveränderungen. Meine Vision: Nahrungsmittelproduktion in direkter Nähe der Konsumenten. Ich wünsche mir viele mittlere und kleine Gemüseanbaubetriebe mit Gewächshäusern und vertikalen Farmen am Orts- und Stadtrand. Das sind alte Ideen, aber jetzt haben wir die Technik und das Know-how, um sie in Zukunft umzusetzen.“ 

In geschlossenen Systemen wird beim Indoor-Farming und bei der vertikalen Landwirtschaft umweltunabhängig und ganzjährig angebaut. Die Versorgung der Pflanzen wird so optimiert, dass Flächen- und Wasserbedarf erheblich niedriger sind als beim herkömmlichen Anbau. Ertragssteigerungen werden in der Öffentlichkeit häufig mit hohem Chemieeinsatz und negativen Umwelteffekten assoziiert. Doch das Gegenteil ist der Fall: Bei den neuen Anbaumethoden wird der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln minimiert. Zudem bedeuten steigende Erträge auch, dass weniger Ackerfläche benötigt wird. Und so können heimische Erzeuger die bayerischen Verbraucherinnen und Verbraucher ganzjährig mit regionalem, frischem Gemüse versorgen. 

Bayerische Hightech-Züchtungen als Antwort auf den Klimawandel

Ein weiteres Feld, in dem auch der Vorsitzende des Arbeitskreises für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag, Martin Schöffel, viele Chancen sieht: Die Präzisionszucht. „Die trockenen Sommer der letzten Jahre waren ein Weckruf für Mitteleuropa und insbesondere für uns in Franken. Wir brauchen künftig Pflanzen, die anpassungsfähig, klimatolerant und möglichst resistent gegen Krankheitsbefall sind. Das staatliche Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft forscht zur Verbesserung von Kulturpflanzen mit modernster Biotechnologie. Trockenheitstolerante Feldfrüchte und ressourcenschonende Hülsenfrüchte stärken die Resilienz der Landwirtschaft. In diesem Bereich steckt noch viel Potenzial für Bäuerinnen und Bauern, weil sich dadurch auch neue Absatzchancen ergeben und Importe  beispielsweise von glutenfreiem Getreide reduziert werden können.“

Und auch beim Hopfenforschungszentrum Hüll im oberbayerischen Wolnzach züchtet man unter der Prämisse „Low Input – High  Output“ an neuen Hopfensorten, die mit Blick auf Faktoren wie Ertrag, Brauqualität, Resistenz, Aroma, und Stresstoleranz neue Möglichkeiten bieten. „Wir forschen in Hüll schon seit den 1920er Jahren an aromareichen, ertragsstarken und widerstandsfähigen Hopfensorten. So können Dünger, Wasser und Pflanzenschutzmittel gespart und gleichzeitig stabil hohe Erträge erzielt werden. Unterm Strich haben wir mit unseren Hüller Zuchtsorten den Ertrag im Vergleich zu den alten Landsorten so um das Acht- bis Zehnfache gesteigert. Aber unsere Sorten sind auch eine Antwort auf den Klimawandel, da sie inzwischen auch mit extremen  Wetterlagen, wie starker Trockenheit oder langandauernder Nässe, zurechtkommen. Auch den CO2-Fußabdruck des Hopfens  konnten wir mit unserer Arbeit bereits deutlich verbessern“, sagt Anton Lutz, technischer Leiter des Hopfenforschungszentrums in  Hüll.

Biologischer Pflanzenschutz dank Hightech-Feldrobotern 

In der niederbayerischen „Future Farm“ forscht die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft gemeinsam mit der Universität Passau wiederum an digitalen Lösungen wie der Agrarrobotik. Ganz nach dem Motto „biodivers – bodenschonend – digital“. Auf  den Versuchsfeldern des Digitalzentrums der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft in Ruhstorf an der Rott begegnet man autonomen Feldrobotern, die Dünge- und Pflanzenschutzmittel je nach Bedarf der Pflanze präzise und damit ressourcenschonend einsetzen. Das interdisziplinäre Versuchsprojekt leistet damit einen konkreten Beitrag zur Lösung der großen Herausforderungen in der Landwirtschaft im Kontext von Biodiversität, Bodenschutz und Klimawandel. 

Gesamtlösung durch Zusammensetzen vieler Puzzleteile

Klar ist: Es gibt nicht die EINE Antwort auf all die globalen Herausforderungen, die die Menschheit in den nächsten Jahren auch im Bereich der Landwirtschaft zu bewältigen hat. Doch viele bayerische Landwirte, Agrarforscher und auch die bayerische Politik  haben sich bereits vor Jahren auf den Weg gemacht, mit zahlreichen Puzzleteilen in Form innovativer Projekte gemeinsam am großen Ganzen zu arbeiten. An einem Bayern, das sich selber versorgen kann, über den Tellerrand hinausschaut, klimaoptimiert und nachhaltig schmackhafte und regionale Lebensmittel erzeugt. Denn Bayern ist mit seinen 103.000 landwirtschaftlichen  Betrieben Agrarland Nr. 1 in Deutschland.

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Martin Schöffel, Vorsitzender des Arbeitskreises für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: „Die trockenen Sommer der letzten Jahre waren ein Weckruf für Mitteleuropa und insbesondere für uns in Franken. Wir brauchen künftig Pflanzen, die anpassungsfähig, klimatolerant und möglichst resistent gegen Krankheitsbefall sind.“
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