Der Titel zeigt einen zusammengesetzten Schuh aus Pumps und Trekkingschuh
Leitartikel
Stadt oder Land?

Stadt oder Land? Wo lebt es sich besser, lebenswerter, moderner oder gar bayerischer? Es gibt unendlich viele Meinungen über „Städter“ und „Landbewohner“ und doch ist die Wahrheit ganz einfach: Stadt und Land gehören in Bayern untrennbar zusammen – nur gemeinsam sind sie stark! 

Ich selbst bin in einer kleinen Gemeinde in der Nähe von Kempten aufgewachsen. Und schon immer sind wir für größere Einkäufe oder einen Arztbesuch „in die Stadt“ gefahren. So wie viele Einwohner des Landkreises täglich zum Arbeiten dorthin pendeln. Jetzt wohne ich direkt in der Altstadt von Kempten, genieße dort die lebendige Atmosphäre und freue mich gleichzeitig, wenn ich zur Erholung „raus“ ins Grüne komme. Das ist jedoch nur ein Aspekt, der das Zusammenspiel von Stadt und Land ausmacht! 

Bild zum Leitartikel (Stadt-Land)
Thomas Kreuzer, Vorsitzender der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag
@Judith Haeusler

Nun ist Kempten mit seinen rund 72.000 Einwohnern beileibe keine Großstadt, sondern immer noch recht gemütlich und beschaulich. Genau das ist aber auch das Typische an Bayern, die Sonderstellung unserer Heimat. Bayern ist in seiner Entwicklung vom Agrar- zum Industrieland immer ein lebendiger Flächenstaat geblieben. Nur acht Städte in Bayern haben mehr als 100.000 Einwohner. Zum Vergleich: In Nordrhein-Westfalen sind es 30! Und selbst München mit seinen gut 1,5 Millionen Einwohnern wird nicht selten als „größtes Dorf Deutschlands“ bezeichnet, unter anderem weil neue Gebäude im inneren Bereich von München die Frauenkirche nicht überragen dürfen und sich U- und S-Bahnen nachts eine Ruhepause gönnen. Dennoch ist Bayern nach NRW deutschlandweit gesehen auf Platz zwei, was die Bevölkerungszahlen angeht.

Das Miteinander von Stadt und Land in Bayern nur mit einer rosaroten Brille zu betrachten, wäre allerdings nicht richtig. Ob kleine Gemeinden, mittelgroße oder große Städte: Herausforderungen sind überall zu meistern und auch Vorurteile abzubauen. Wie in jeder Gemeinschaft gibt es auch beim Thema „Stadt/Land“ Konflikte, die es zu klären gilt. Ein Beispiel ist der Verkehr: Mobilitätskonzepte sind in großen Städten gefragt, unter anderem, weil viele Menschen beruflich pendeln. Gleichzeitig braucht es Verkehrskonzepte auch für ländliche Regionen, zum Beispiel wenn diese am Wochenende einen Ansturm von Tagestouristen verkraften müssen. Klar ist: Wir brauchen kluge Ideen, um auch in Zukunft die Herausforderungen gemeinsam zu lösen. Flair hat schließlich beides – die Stadt und das Land! 

Die Corona-Pandemie hat uns aufgezeigt, dass sich Stereotypen und Vorstellungen wandeln können. Durch mehr Möglichkeiten im Homeoffice zu arbeiten werden zum Beispiel auch ländliche Regionen in Bayern als Wohnorte beliebter. Zum Arbeiten „raus aufs Land“ ziehen, kommt für immer mehr Menschen in Bayerns Städten in Frage, wenn man den längeren Arbeitsweg nicht mehr jeden Tag in Kauf nehmen muss. Mehr Platz und günstigerer Wohnraum sind Vorteile, die ländliche Regionen gegenüber den Städten haben. So sind 2020 zum ersten Mal seit Jahren mehr Menschen aus München weg- als zugezogen.

In der neuen HERZKAMMER-Ausgabe präsentieren wir Ihnen genau die Vielfalt, die Stadt und Land in Bayern ausmacht, und Konzepte, wie das Miteinander gut funktionieren kann. Vom innovativen städtischen Wohnprojekt im „Millionendorf“ München und modernen Mobilitätskonzepten für Stadt und Land über Herausforderungen kleiner und mittelgroßer Städte bis hin zu Projekten der Dorferneuerung oder der Kultur im ländlichen Raum. Außerdem zeigen Ihnen sieben meiner Kolleginnen und Kollegen ihre Heimatstädte beziehungsweise -regionen. Kommen Sie mit auf diese besondere Reise durch Bayern – ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen!

Bildquelle Header: macroworld - iStock-Photo.com, Piotr Polaczyk - iStock-Photo.com / Porträt: Judith Haeusler