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"Wohnen für Hilfe"
Jung und Alt „Beinander“
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Das Modell "Wohnen für Hilfe" ist eine innovative Wohnform, bei der Studentinnen und Studenten bei älteren Menschen leben und im Gegenzug für Wohnraum Unterstützung im Alltag bieten. Dieses Konzept verbindet seit 1996 die Bedürfnisse beider Generationen. Kern des Modells, das in der Stadt und im Landkreis München vom Verein Beinander e.V. getragen wird, ist die Vereinbarung, dass für jeden Quadratmeter Wohnfläche eine Stunde Hilfe im Monat geleistet wird. Wenn etwa ein Student in einem Zimmer mit 20 Quadratmetern Wohnfläche lebt, verpflichtet er sich, monatlich 20 Stunden Hilfe zu leisten: Von Gartenarbeit über Hilfe im Haushalt bis hin zu Erledigungen, Besorgungen oder der Begleitung zu Arztterminen. Der Verein ermittelt den Bedarf bei Seniorinnen und Senioren, sucht die dazu passenden Wohnpartner und stellt einen ersten Kontakt her. Das ist die Kunst bei der Sache, dass man eine Vorauswahl trifft und sagt, das könnte von den Eckdaten und vom persönlichen Eindruck, den man hat, ganz gut passen“, erklärt Christian Tippelt, Mitarbeiter des Vereins Beinander e.V. und im Team mit Kollegin Brigitte Tauer zuständig für das Stadtgebiet München. „Oft liegen wir richtig. Letztendlich müssen die Leute dann selber entscheiden und die Chemie muss auch noch stimmen.“

Funktioniert hat es auf jeden Fall bei Dieter Kargesmeier aus dem Münchner Stadtteil Ramersdorf-Perlach und seiner Mitbewohnerin, einer Studentin aus Bolivien: „Wir frühstücken zusammen und essen gemeinsam Abendbrot und die übrige Zeit studiert sie. Sie macht im Haushalt einiges. Ich bin 84 Jahre alt und habe ein bisschen Probleme mit den Augen, meine Sehkraft lässt nach, ich sehe verschwommen.“

Für die Studentinnen und Studenten bietet dieses Modell eine kostengünstige Wohnmöglichkeit, gerade in städtischen Gebieten, wo die Mieten oft sehr hoch sind. Gleichzeitig profitieren sie von einem ruhigen Wohnumfeld mit familiärem Anschluss und der Möglichkeit, von der Lebenserfahrung ihrer älteren Mitbewohner zu lernen. Die älteren Menschen wiederum erhalten Unterstützung im Alltag und können so länger in ihrem eigenen Zuhause leben. So kann auch sozialer Isolation entgegengewirkt werden. 

Elsa Bohlender mit Anna Salnikow
Elsa Bohlender mit Anna Salnikow.
Katharina Alt

Durch den regelmäßigen Kontakt mit jungen Menschen entsteht oft eine bereichernde Beziehung, die für beide Seiten wertvoll ist. Dies hat sich gerade in den Coronajahren bewährt: „Wir wollten schauen, was auf uns zukommt, weil jeder Angst hatte, sich anzustecken. Wir waren dann überrascht, dass sehr viele Senioren gesagt haben, sie wären froh, wenn jemand bei ihnen im Haushalt wäre und sie gerade in der schwierigen Zeit nicht alleine sein wollen“, erklärt Christian Tippelt.

„Ich kann das nur empfehlen. Das Haus ist groß geworden, man fühlt sich dann schon ein bisschen einsam. Wenn man dann morgens oder abends oder auch mal am Wochenende zusammen ist, dann ist man schon ein ganz schönes Stück weiter und das ist sehr angenehm“, freut sich Dieter Kargesmeier.

 

Informationen für Stadt und Landkreis München:

https://www.beinander.org/wohnen-fuer-hilfe/wohnraumnehmende-2/

„Wohnen für Hilfe“ gibt es in einigen bayerischen Hochschulstädten wie z.B. Bamberg, Bayreuth, Erlangen und Rosenheim.

Bildquelle Header: Katharina Alt