Die Corona-Pandemie trifft uns mit einer bislang nicht gekannten Wucht. Zu der Angst, sich selbst oder andere mit dem Virus anzustecken, kommen noch die Sorgen vor den Auswirkungen auf unsere Wirtschaft. Grundrechte mussten eingeschränkt werden, um einen noch schlimmeren Ausbruch zu verhindern. Was für mich die Krankheit so heimtückisch macht: In einer Situation, in der wir sonst Trost in der Nähe von Freunden und Familie suchen, müssen wir auf Abstand bleiben.
Aber: So schlimm die Situation auch ist – wir haben Mittel und Wege gefunden, uns davon nicht unterkriegen zu lassen. Wir helfen uns gegenseitig in der Not und stehen zusammen. Digitale Ansätze spielen hier eine wichtige Rolle. Die Tools sind dabei meistens gar nicht neu. Das Besondere ist, dass diese nun quer durch alle Bevölkerungsschichten und Lebensbereiche genutzt werden. Was früher undenkbar war, wird jetzt einfach gemacht: Ganze Abteilungen arbeiten aus dem Homeoffice. Oper und Ballett sind im Live-Stream zu bewundern. Schüler werden über das Internet unterrichtet.
Klar, manche Sachen holpern. Andere dagegen laufen besser als gedacht. An drei Lebensbereichen möchte ich deshalb zeigen, welche Rolle die digitale Transformation jetzt und in der Zukunft spielt: Bildung, Arbeitswelt und Gesellschaft.
Corona, Schule und das Lernen @home
Die Schulen mussten als eine der ersten Einrichtungen schließen – und damit wurde der Schulalltag von rund 1,6 Millionen bayerischen Schülerinnen und Schülern sowie 150.000 Lehrkräften auf den Kopf gestellt. Für große Vorbereitungen blieb keine Zeit. Mit mebis stand in Bayern – im Gegensatz zu anderen Bundesländern – zumindest eine Onlineplattform bereit, über die Unterrichtsmaterialien schnell bereitgestellt werden konnten. Aber ganz klar: mebis, ursprünglich lediglich als digitale Ergänzung für den Präsenzunterricht angelegt, stieß dabei an seine Grenzen. Hier müssen wir uns für die Zukunft besser aufstellen und eine digitale Lernplattform aufbauen, die den Anforderungen aus dem jetzigen „Härtetest“ gerecht wird. Viele Lehrerinnen und Lehrer sowie Schulleitungen fanden eigene Lösungen, um den Unterricht von zu Hause möglichst gut zu gestalten. Dabei hat sich für mich auch gezeigt, dass bei digitaler Bildung viel vom persönlichen Engagement abhängt – und das, was alle Beteiligten im Bildungsbereich geleistet haben, stimmt mich positiv für die Zukunft der digitalen Bildung.
Jedoch ist das nur die eine Seite: Die beste Lernplattform hilft nichts, wenn die Schülerinnen und Schüler damit überfordert sind, weil ihnen digitale Kompetenzen fehlen. Für mich ist deshalb klar, dass wir unbedingt neue Lernmethoden entwickeln müssen, die Kindern den Umgang mit Technik näherbringen. Dieses Wissen ist ja auch für das spätere Leben unschätzbar wichtig. Ein weiteres Problem, das die Corona-Krise bestätigt hat, liegt für mich in der Ausstattung an Endgeräten: Es hat schlicht nicht jede Familie einen oder sogar mehrere Laptops zur Hand, womit die Kinder mehrere Stunden am Stück lernen können. Am schlimmsten trifft es Kinder aus Elternhäusern, in denen vielleicht gar kein geeignetes Gerät vorhanden ist. Für Bayern haben wir hier durch befristete Leihgaben eine pragmatische und einfache Regelung gefunden. Ich finde es aber wichtig, dass wir hier insgesamt die Schülerinnen und Schüler besser mit Laptops und Tablets ausstatten – und das möglichst schnell. Nur so schaffen wir faire Bildungschancen für alle und entlasten die Familien.
Überhaupt: Gerade für die Familien bedeutet „Lernen zu Hause“ in so einem massiven Ausmaß eine gewaltige Bewährungsprobe. Ich kann gar nicht genug hervorheben, welch großen Beitrag die Eltern leisten mussten und noch immer müssen – oft zusätzlich zur täglichen Arbeit. Die vielen Wochen im Fernunterricht zeigen uns als Gesellschaft deutlich, dass Schule viel mehr als nur „Lernen“ ist. Junge Menschen entwickeln sich dort auf vielfältige Weise weiter, haben in der Schule einen wichtigen Lebensmittelpunkt und ihre Freunde. Da stoßen digitale Ansätze an ihre Grenzen – und das, meine ich, ist auch in Ordnung. Digital kann und muss unterstützen. Aber der Unterricht vor Ort ist der Dreh- und Angelpunkt des Ökosystems Schule. Das sollten wir zukünftig ruhig wieder mehr zu schätzen wissen.
Feuertaufe für das Arbeiten von zu Hause
Homeoffice. Seit Jahren wird darüber geredet. Für die einen der perfekte Weg, um eine gesunde Work-Life-Balance zu erreichen. Für die anderen der Anfang vom Ende der Arbeitsmoral. Corona hat uns nun in den größten Feldversuch aller Zeiten gezwungen – alle Unternehmen, bei denen es möglich ist, haben ihre Beschäftigten ins Homeoffice geschickt. Vorteile hatten diejenigen, die sich schon vorher über mobiles Arbeiten Gedanken gemacht hatten.
In Corona-Zeiten gehören Videokonferenzen auf einmal zum Tagesgeschäft, Dienstreisen und Kundenbesuche sind dagegen auf ein Minimum reduziert. Abstimmung und Koordinierung der Arbeit werden wichtiger denn je. Hier helfen digitale Tools, um den Überblick zu bewahren. Den Chefs kommt dabei eine ganz neue Rolle zu: Digitale Zusammenarbeit braucht klare Regeln und Strukturen, in denen sich das Team bewegen kann. Führen aus der Ferne ersetzt Kontrolle durch Vertrauen – ich halte das in vielen Bereichen für den richtigen Weg.
Viele bisherige Skeptiker sind überrascht, wie gut Homeoffice funktioniert. Das Argument „Das geht bei uns leider nicht“, wurde jedenfalls in den vergangenen Wochen in den allermeisten Fällen ein für alle Mal entkräftet. Ich erwarte, dass die neuen Arbeitsweisen uns auch nach Corona erhalten bleiben – in einer sinnvollen Mischung aus Präsenz und Homeoffice. Ein allgemeines Recht auf Homeoffice lehne ich aber ab. Es greift nicht nur in die betriebliche Autonomie ein, sondern kommt zu früh, wenn die Rahmenbedingungen noch nicht passen. Schnelles Internet und eine gute Mobilfunkverbindung sind das A und O für mobiles Arbeiten. In Bayern haben wir hier bereits gute Förderprogramme und investieren viel Geld – wir müssen den Ausbau aber beschleunigen und damit die digitalen Lücken möglichst schnell schließen.
Einen spannenden Ansatz sehe ich darin, wenn Coworking Spaces – also Büroräume, die von Beschäftigten verschiedener Firmen gemeinsam genutzt werden – auch auf dem Land entstehen. Schließlich kann und will nicht jeder im Homeoffice arbeiten, beispielsweise wenn die Räumlichkeiten fehlen oder Privat- und Arbeitsleben getrennt bleiben sollen. Solche Coworking Spaces stellen dann eine attraktive Alternative für das tägliche Pendeln dar. Natürlich digital optimal angebunden.
In der Krise zusammenstehen und helfen –
#gemeinsamgegencorona
Die Corona-Pandemie und das zum Schutz der Menschen notwendige Herunterfahren des öffentlichen Lebens haben bei vielen Menschen Sorgen um die Zukunft ausgelöst. Angst vor der Krankheit selbst mischte sich mit Bedenken, ob unsere Wirtschaft und damit das ganze System den Shutdown aushält. Bevor sich aber Resignation breitmachen konnte, ging eine Welle der Solidarität durch die Gesellschaft. Menschen begannen zu überlegen, wie sie anderen helfen können: Einkaufsdienste für Risikogruppen, Bastelanleitungen für Kinder teilen, in lokalen Geschäften bestellen und sich beliefern lassen. Auch hier hilft das Internet, um die Leute „distanzlos“ zu vernetzen.
Ein wunderbares Beispiel war für mich der Hackathon #wirvsvirus, bei dem 28.000 Menschen online mitgemacht haben. Wirklich beeindruckend, was möglich ist, wenn engagierte, kluge und kreative Köpfe und moderne Tools zusammenkommen: 1.500 Ideen, wie Deutschland die Krise meistern kann. Das ist für mich der nächste Level von Bürgerbeteiligung.
In eine ähnliche Kerbe schlagen wir mit „Mia gehn online“. Bei der Aktion bringt mein Digitalministerium zusammen mit dem Gründerzentrum UnternehmerTUM und der ReDI School auf unkomplizierte Weise betroffene Einzelhändler, Gastronomen und Dienstleister mit ausgewiesenen Internet-Experten zusammen und bietet damit digitale Nachbarschaftshilfe im besten Sinne. Vom Online-Shop, der den Ladenverkauf ergänzt, bis zur Werbung auf Social Media können die örtlichen Betriebe profitieren. Ein schönes Beispiel, wie die Digitalisierung gerade kleineren Unternehmen in dieser schwierigen Corona-Krise konkret helfen kann – dank der tatkräftigen Unterstützung von Partnern und Experten aus der Digitalbranche.
Das ist gelebter Zusammenhalt in der Krise! Diese Denke sollten wir uns unbedingt für die Zukunft bewahren. Das ist für mich auch eine der zentralen Fragen: Wenn es jetzt langsam heißt „zurück zur Normalität“ – welche Normalität wollen wir? Die alte mit vielen Dingen, die nicht funktionierten? Oder lieber eine neue, die besser läuft? Wir sollten deshalb nicht nur versuchen, den Status Quo wiederherzustellen – falls das überhaupt möglich ist. Nein, wir sollten stattdessen digitale Ansätze von Anfang an stärker berücksichtigen und uns damit für die Zukunft gut aufstellen. Lasst uns die Chance nutzen, das, was sich in der letzten Zeit an positiver Veränderung ergeben hat, mit Schwung in die Zukunft mitzunehmen.