Krankenhäuser brauchen in Zeiten von Corona nicht nur Atemmasken, sondern auch Schutzbrillen und Visiere – und zwar Hunderttausende davon. In der Hochphase der Pandemie hat ein Professor der Universität Erlangen kurzerhand seinen Lehrstuhl in eine Produktionsfabrik verwandelt.
Für jeden Patienten, der nach einer Infektion mit dem Corona-Virus intensivmedizinisch behandelt werden muss, benötigen Krankenhäuser bis zu 5.000 Schutzbrillen und -visiere. Denn: Bei jedem Kontakt mit dem Patienten ist eine neue Ausrüstung nötig, um weitere Infektionsketten zu vermeiden. Damit Ärzte und Pflegepersonal weiterhin geschützt bleiben, ist das Universitätsklinikum Erlangen auf die Wissenschaft, genauer auf Prof. Dr. Dietmar Drummer, zugekommen. Nachdem sie verschiedene Szenarien durchgespielt hatten, wie viel Ausrüstung je nach Entwicklung der Pandemie nötig sein würde, trommelte der Inhaber des Lehrstuhls für Kunststofftechnik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg kurzerhand Doktoranden, Studenten und Mitarbeiter aus Wissenschaft und Verwaltung zusammen und startete die Produktion. „Auch von Seiten der Universitätsleitung und des Personalrats haben wir jegliche Unterstützung erhalten, die wir benötigten, um loslegen zu können“, erklärt Drummer.
Rund 6.000 bis 8.000 Brillen stellte das Team im Drei-Schicht-Betrieb her – rund um die Uhr. Mit weiterer Unterstützung von Kollegen des Lehrstuhls Maschinenbau und der Mechanik- und Elektronikwerkstatt der Technischen Fakultät kamen unterschiedlichste Technologien zum Einsatz, etwa die Herstellung von Folien, die dann mit Laser geschnitten und gestanzt wurden, Spritzgießen und verschiedene Technologien der Montage. Unterstützung kam auch vom Bayerischen Polymerinstitut und der Neue Materialien Fürth GmbH.
Das Team produzierte über mehrere Wochen in unterschiedlichen Phasen: Zunächst, um den akuten Bedarf von Arztpraxen und Kliniken zu decken. Darüber hinaus bauten die Wissenschaftler ein Lager an der Uniklinik auf – auch für den Fall, dass sich die Krise verschlimmern sollte. Phase drei bestand darin, Netzwerke zu knüpfen, damit die Industrie dauerhaft übernehmen kann, etwa zu einem regional ansässigen Kunststoffverarbeiter. „Auch produzierende Betriebe werden Schutzausrüstungen brauchen, sodass hier die größere Marktverfügbarkeit sehr dringend erforderlich ist“, so Drummer. Der Transfer von der Wissenschaft in die Wirtschaft hat einen weiteren, positiven Nebeneffekt: So werden Arbeitsplätze in der Region gesichert, die etwa derzeit unter der Situation der Automobilindustrie leidet.